Samstag, 2. Januar 2010

Studienverdreher gegen Studienversteher

Der schmale Grad zwischen Korrelation und Verursachung mal wieder wunderbar erkennbar…

In einer Studie mit Jugendlichen wurde festgestellt, dass von denen, die mehr schlafen, ein kleinerer Anteil an Depressionen leidet oder Selbstmordgedanken hegt. Das ist sicherlich keine uninteressante Studie, richtig spannend wird sie aber, wenn man sich anschaut, wie sie in den Medien wiedergespiegelt wird.

Ich kenne die Details der Studie nicht, und da ich nicht vom Fach bin möchte ich mich damit auch nicht all zu tief beschäftigen. Es reicht aber schon den Abstract eines neuen Papers des selben Forscherteams zu lesen, um auf etwas interessantes hingewiesen zu werden: “Insomnia and short sleep duration, which are typical symptoms of depression[…].” Wenig zu schlafen ist also ein Zeichen von Depression.

Worauf ich hinaus will ist ein zentraler Unterschied, der beim Betrachten von Studien immer zu beachten ist (und z.B. bei Gewalt und Medien all zu gern ignoriert wird): Nur weil zwei Fakten korrelieren heißt es nicht, dass das eine das andere Erzeugt.

Der Spiegel nennt den Artikel “Wer früh ins Bett geht hat seltener Depressionen” und weißt extra darauf hin “Weil die Forscher allein einen statistischen Zusammenhang (Korrelation) von Schlafdauer und Depression festgestellt haben, kommt jedoch auch eine ganz andere Erklärung in Frage: Womöglich fügen sich psychisch stabilere Jugendliche eher einer frühen Nachtruhe als jene, die zu Depressionen neigen“. Natürlich kommen noch Millionen anderer Erklärungen in Frage.

Der Fokus hingegen schreibt “Schlaf schützt Jugendliche vor Depressionen” und verklärt damit die Tatsachen der Studie. Web.de setzte das Thema mit “Schlafmangel schlägt aufs Gemüt” ähnlich kompetent um. So heißt es im Lead des Artikels: “Schlaf kann vor Depressionen schützen: Wie amerikanische Forscher jetzt nachwiesen, senkt zeitiges Zubettgehen das Risiko von Schwermut.” Natürlich haben die ominösen amerikanischen Forscher nichts dergleichen nachgewiesen.

Ganz neu sind die Ergebnisse wohl auch nicht (warum sie jetzt in den News sind weiß ich nicht), die Forscher des Teams um Professor Gangwisch veröffentlichen seit mindestens 2005 Artikel zu Depressionen bei Teenagern. Die selbe Relation, die ich beim Schlaf findet, lässt sich wohl auch bei Sport feststellen. Wer an den Themen interessiert ist findet bei Pubmed eine Übersicht seiner Arbeiten.

Ich wollte mich nur mal wieder über die deutsche Medienlandschaft auskotzen. Muss von Zeit zu Zeit sein.

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