Mittwoch, 13. August 2008

Pop-Phrasen dreschen

Kennt ihr Pop-Phrasen? Ich bin nicht sicher ob der Begriff etabliert ist, wenn nicht, er sollte es sein. Eine Pop Phrase ist eine Phrase, meist eine oder zwei Zeilen aus einem Song, die inzwischen den langen Weg von einer originellen Idee über eine clevere Referenz und einer etablierten Formulierung zu einer leeren Worthülse geschafft hat. Pop-Phrasen sind das ultimative Verbrechen eines Songschreibers.
Was eine Pop-Phrase ist, und was noch nicht ist jedem selbst zu überlassen. Eine Formulierung darf in einem Lied schon arg nach Phrase klingen, und woanders nicht. Sie mag in dieser exakten Form komplett neu sein, und dennoch bereits verdroschen. Es lässt sich schwerlich, wahrscheinlich gar nicht, genau zu definieren. Am ehesten als die kleine Enttäuschung, die einem beim genauen hinhören überkommt.
Ich hasse Pop-Phrasen. Wahrscheinlich mehr als die meisten Leute. Sobald ich eine solche Phrase für mich identifiziert habe, ist es mir kaum mehr möglich ein Lied zu hören ohne an der Stelle daran zu denken wie daneben die Zeile ist.
“Fly Away” von Lenny Kravitz ist eigentlich ein mehr als passabler Rock-Pop Song. Es ist außerdem noch eine Ansammlung von textueller Unoriginalität wie man sie selten hört, und das nicht nur weil im Refrain away auf away gereimt wird, was auch schon nur begrenzt gut kommt.
Die Anfangszeilen: “I wish that I could fly /Into the sky /So very high /Just like a dragonfly” Rangiert im  Kreativitätsmaß bei Kleinkindergedichten wie “Das ist Klaus / Die Maus / Mit der Laus / Im Haus”. Die High-Fly-Sky Kombination müsste schon längs verboten sein.
Weitere Beispiele, gerne, diesmal gleich von Verschiedensten Künstlern (ich versuche heraus zu finden wo die Phrase erstmalig aufgetaucht ist, aber das ist schlimmer als Ahnenforschung) “Dancing The Night Away.” Wahlweise auch in Zeiten mit ‘dance’, ‘danced’… Nie gehört? Es gibt erst einmal ein halbes Duzend Songs die diesen Titel tragen: Cream (1967), Van Halen (1979), Europe (1984), The Maverics (1998) und Sita (2004) sowie Jan Wayne, Lionel Richie und The Free. Die Liste ist unvollständig, die Songs sind keine Coverversionen voneinander, sie enthalten alle die Zeile. Und die Zeile taucht natürlich auch in Liedern auf, die nicht so heißen, z.B. bei Debelah Morgan - Dance With Me, oder Amy MacDonald - Prison Prince. Wenn das mal nicht oft ist. Und es ist keine Zeile die sich aufdrängt. Das “I Love You” eine häufige Textzeile in der Popmusik ist, ist klar, wie Paul McCartney bemerkte, Liebeslieder kann es nie genug geben. Aber Die Nacht weg tanzen…
Über “Hands in the air /Like you just don’t care” oder jegliche Kombinationen aus ‘Shout’, ‘Loud’, ‘Proud’, ‘Crowd’ muss man wohl nicht mehr reden.
Das schlimmste einer Pop-Phrase ist nicht, dass sie häufig auftaucht. Die hohe Frequenz des Ausspruchs ist ein Symptom dessen was nicht stimmt. Pop-Phrasen tauchen gerne ganz am Anfang oder Ende eines Liedes auf, auch viel als letzte Zeilen des Refrains. Ich selbst bin kein Songschreiber, aber ich kann mir leicht vorstellen, dass dies die schwierigsten Stellen sind. Problemfälle wenn man so will. Einen guten abschließenden Satz zu finden, die Menge an Zeilen zu füllen, die man in der ersten Strophe noch problemlos untergebracht hat. Das Problem ist, wie so häufig, das Nutzen von Abkürzungen, der Griff ins Reimbuch, der Ausweg über die Platitüdenwiese.
Aber in keinster Weise ist dies ein Problem dass nur den Bereich des Pop-Rocks betrift. Hip-Hop tendiert auch immer mehr dazu, die selben Reime zu reproduzieren bis sie ihre referentielle Bedeutung längst verloren haben.  “Rock it, don’t stop it” ist mindestens 25 Jahre alt, “Drop that thing” dürfte nicht viel jünger sein. Und seine Machtposition zu festigen indem man angibt “…running the streets” ist einfach nur noch langweilig.
Die Könige der Pop-Phrase sind aber wohl Bon Jovi, ihnen gehört die Krone schon allein für Zeilen wie : It’s my life / If it’s now or never/ And I ain’t gonna live forever”.
Dies sind natürlich nur einige, wenige Beispiele, das ist ein weites Feld (wobei “weites Feld” wahrscheinlich eine Phrase ist, die man auch vermeiden sollte, ist ja auch schon deutlich über 100 Jahre alt).

Samstag, 9. August 2008

Die mit dem roten Stuhl

Ich sehe ja nicht mehr viel deutsches Fernsehen, und noch weniger Werbung, und so wurde ich heute gnadenlos von einer Werbung überrumpelt, die, wenn ich mich recht entsinne, einen Baumarkt bewirbt. Der Werbespruch ist “Die mit dem roten Stuhl”. Es mag reichlich kindisch sein, aber ich hab mich nicht mehr eingekriegt vor Lachen. Wie kann man sowas nur zum Werbespruch machen. Ist übrigens, so sagt ein Mediziner-Forum, ein Anzeichen für eventuelle geplatzte Hämorriden.
Kommen wir aber zu dem Grund des Fernsehens, und dem eigentlichen Grund des Eintrages. Heute Abend lief bei Pro7 der Film “The Core”, da der bekanntermaßen schlecht ist und der Sender nach dem Spielfilm noch ein “Galileo Spezial”zur Wahrheit hinter der Handlung ankündigte entschieden ich und ein paar Freunde uns, einen Trash-Abend draus zu machen. Trash bekamen wir wirklich geliefert.
“The Core” ist schlecht, wie zu erwarten. All zu detaillierte Infos kann ich kaum geben, der Film war natürlich synchronisiert und durch Werbeunterbrechungen zerstückelt. Die grobe “Handlung” lässt sich folgendermaßen beschreiben: Aus Gründen die keine Rolle spielen hört die flüssige Schicht um den Erdkern auf zu kreisen, deshalb fällt das Magnetfeld des Planeten aus, was wiederum dafür sorgt, dass in einem Jahr die Erde verbrennt wie ein Apfel (um zu verstehen was ich meine muss man den Film sehen, glaubt mir es macht “Sinn”) also setzten sich ein paar Forscher (inklusive Quotenfrau und Quotenschwarzer) in ein gigantischen dildoförmigen Bohrer aus einem Material das fester wird wenn es stärker belastet wird (von uns kurzerhand Pornosium getauft) und stechen in die Erde vor, um  mit Atombomben die Welt zu retten. Der Film ist in erster Linie bemerkenswert weil er jedes noch so dämliche Cliche erfüllt und glänzt insbesondere in der Abwesenheit jeglicher eigener Ideen seitens der Autoren.
Wie sich herausstellen sollte, war er ein qualitatives Highlight des Pro7-Abends.
Galileo Mystery ist ohne Frage eines der peinlichsten und dümmsten Sendungen im deutschen Fernsehen.  Wie unglaublich verantwortungslos diese Show allerdings ist, war mir bis heute nicht klar. In dem Versuch die “Wahrheit” hinter der ohnehin schon weit hergeholten “Handlung” von “The Core” zu enthüllen wurden Fakten und Fiktion fröhlich gemischt, wurde schamlos gelogen und hineininterpretiert und unberechtigt geschlussfolgert was das Zeug hält.
Das ganze beginnt damit zu fragen, ob Ereignisse wie im Film tatsächlich geschehen können, der stehengebliebene Erdkern wird dabei vorläufig ignoriert, und man konzentriert sich auf die im Film nahezu irrelevante Sonnenstrahlung. Die Tatsache, dass diese 1989 mal zu Stromausfällen in Kanada geführt haben spinnt sich diese Sendung, die sich frecherweise sogar selbst eine Dokumentation nennt, so zurecht, dass der ganzen Wellt derartiges blüht (zu jedem Zeitpunkt). Irrsinnig zurecht geschnittene Bilder zusammen mit unsinnigem Gebrabbel über den Mars sollen uns dann beweisen, dass auch unser Erdkern jederzeit stehenbleiben kann. Das man immerhin einen Forscher zu Wort kommen lässt, der erklärt, dass dies erst in mehreren Milliarden Jahren zu erwarten sein, wenn überhaupt, übergeht die Sendung einfach. Genauso die dramatischen historischen Beispiele von Sonneneruptionen, die über 10 Minuten angekündigt werden, um dann mitzuteilen, dass so gut wie nie etwas geschah.
Um für dramatische Ereignisse zu sorgen “schaut” Galileo in die Zukunft. New York 2012: Chaos, Stromausfall, Katastrophe. Die Bilder sind offensichtlich nicht von Galileo, sondern aus irgend einem billigen Dokudrama aus den USA. Importierter Unsinn ist nicht besser als selbst produzierter, nur billiger.
Immer wieder spielt Pro7 die selben Videoschnippsel, begleitet von einer bedrohlichen Stimme die apokalyptischen Unsinn redet. Stichhaltig ist da nichts. Das ganze erinnert fatal an die Panikmache wie sie die Bild-Zeitung des häufigeren vornimmt, mindestens so stumpfsinnig und nicht weniger falsch. Wahrscheinlich wurde in der Werbung weniger gelogen und übertrieben als in der Sendung.
Seinen Zweck hat der Abend weitgehend erfüllt, über “The Core” und Galileo kann man sich kaputlachen, aber wenn die Tränen getrocknet sind bemerkt man doch, dass eine derartig unverfrorene und sensationsgeile Präsentation von Halbwahrheiten auch gefährlich sein kann.

Montag, 4. August 2008

WAAAAAACKEN!!!!!!

Nach dem Berlin Trip hatte ich nur wenige tage zur Erholung, am Mittwoch morgen setzte sich dann eine Kolone aus 3 Autos aus Lübeck in Richtung eines kleinen Ortes im Zentrum von Schleswig Holstein in Bewegung: Wacken. Für einige Tage ist das Dorf Zentrum der Metal-Welt.
Wir Treffen am Mittwoch gegen 9 ein. Es ist verhältnismäßig wenig los. Auf dem Zeltplatz sind zwar schon große Mengen an Campern, aber noch kommt man ohne Stau in den Ort und auf den Platz. Am Mittwoch spielen noch keine Bands. Wir bauen unsere Zelte auf und machen es uns bequem. Später hohlt man sich die Bänzel, die Armbänder welche einem den Zutritt aufs Gelände erlauben, dann geht es in den Ort zum T-Shirt kaufen (Natürlich sind sie ausverkauft in der Größe die ich will) und das Gelände ansehen.
DasGelaende
Das Gelände, markiert ist die approximierte Position
unserer Zelte.
Den Rest des Tages verbringen wir mit dem Veranstalten von Nudelturnieren. Wir haben mehrere Schaumstoff-Schwimmnudeln bei Aldi gekauft, hält man sich diese vorne an die Hose und fechtet erhält man ein äußerst infantiles, aber mindestens ebenso unterhaltsames Spiel. Erst kämpfen wir gegeneinander, dann bringen wir Passanten dazu gegeneinander anzutreten. Dem Gewinner winkt ein halber Lieter Bier.
Nudeln
Nudeln.  Ab  2012 olympisch.
Während ich den Abend ruhig ausklingen lasse (was gar nicht metal ist) geben sich andere die Kante gleich für mich mit. Irgendwann gegen Halb 2 kriecht ein Mitbewohner meiner Zeltstadt in mein Vorzelt. Ich denke erst jemand will mich beklauen, bis ich erkenne wer es ist. Auf die Frage was er wolle reagiert ernicht. Versucht sich aufzurichten, fällt hin,  kriecht ins Zelt. Erneute Fragen, keine Antwort. Das Zelt ist groß, ich lass ihn liegen und schlafe weiter. In den nächsten Stunden wacht er gelegentlich auf, sucht irgendwas in meinen Taschen, kriecht aus dem Zelt, kommt Minuten später wieder. Wenn ich ihn etwas frage wiederholt er immer nur langsam die Frage. Es dauert bis 4  ihr bis er versteht, dass er auch ein eigenes Zelt hat.
Gegen halb sieben ist es plötzlich mal ganz still. Es ist eigentlich nie auch nur ruhig auf Wacken, aber jetzt ist es still. Die letzten Parties scheinen vorbei. In wenigen Stunden dröhnen aus tausenden Zelten und Wohnwagen die Gitarren, aber jetzt für ein paar Minuten zumindest ist es einmal wirklich still in der Zeltstadt.
Donnerstag. Abends werden Iron Maiden spielen, doch bis dahin ist viel Zeit. Nachdem die Nudeln bereits am gestrigen Tag zum Einsatz  gekommen sind, kommt einigen eine Idee wie sie heute die Zeit verbringen. Sie stellen ihre Stühle an den Wegesrand und bewerten mit beschriebenen Papptellern die Passanten. Ich gehe noch einmal los um nach T-Shirts zu schauen, natürlich wieder kein Glück.
Vor Maiden spielen Avenged Sevenfold, die ich eigentlich nicht sehen wollte, aber weil ich schon auf dem Gelände bin höre ich ein paar Lieder. Die Band ist gut, ich verbuche sie klar als erste Entdeckung des Festivals. Iron Maiden haben ein unerträglich langes Intro, einen Song vom Band und 2 Videos.
AvSev
Avenged Sevenfold
Der Auftritt danach ist makellos. Zwar bin ich kein Maiden-Fan, kenne kaum ein Lied der Band, aber über Qualität kann man man hier wohl kaum streiten.

Die Nacht verläuft diesmal ohne größere Störungen.
Für den Freitag ist ein anstrengendes Programm geplant. Ab dem Nachmittag bis tief in die Nacht sind nahezu durchgängig sehenswerte Auftritte auf einer der 4 Bühnen. Der Tag beginnt viel zu heiß. Schon die letzten Tage war das Wetter wenig gnädig, die Sonne scheint ohne Unterbrechung. Am Mittag geht es ins Partyzelt, auf der Bühne darin spielt die deutsche Band im Metal-Battle. Es ist viel viel viel zu heiß.
Als endlich am Nachmittag Wolken aufziehen sind wir alle etwas dankbar. Was folgt, ist dann doch nicht in jedermanns Interesse: Ein Wolkenbruch nach dem anderen geht zu Boden. Ein Zelt durchnässt vollständig.
Ab 17:20 spielt Soilwork, das ist natürlich ein Pflichttermin. Der Regen unterbricht kurzzeitig, ist aber schon gegen Abend, als Opeth spielt wieder zurück. Die Regenponchos die man erhält erweisen sich als äußerst nützlich. Ich gehe zurück zum Zeltplatz wo ich mich mit den Leuten treffen wollte um dann zu Children of Bodom zu gehen, als ich ankomme sind sie schon wieder gegangen. Ich erhole mich eine Weile bis ich dann zu COB gehe, ich sehe sie noch ihre letzten paar Songs spielen, darunter ein Cover von Rihannas “Umbrella”.
gelände2
Das Gelände ist matschig…
Es geht zurück ins Zeltlager, weil ich nicht weiß, was den Abend noch kommt und wo, dann zurück zu Van Canto, die als zweite Entdeckung zu vermelden sind. Van Canto spielt Acapella-Metal, und das richtig gut. Das einzige Instrument ist ein Schlagzeug, alles andere wird mithilfe der Stimme erzeugt. “Bards Songs”, im original von Blind Guardian, klingt besser als das Original, auch die Eigenkompositionen sind recht gut, zwar etwas sehr Pathos geladen, aber Live ein großartiges Erlebnis.
Den überblick mal wieder verlierend gehe ich wieder zurück in die Zeltstadt, bekomme gesagt, dass die Excrematory Grindfuckers später noch spielen, warte also und laufe dann zum Festivalgelände zurück. Um 3 ist dann alles vorbei, ein letztes mal zurück in die Zeltstadt. Meine Füße tun weh.
Der letzte Wacken Tag ist ein wenig entspannter, erst gegen Abend spielen At The Gates, der einzig wirklich interessante Auftritt des Tages. Die Zeitvertreibungaktion des Tages ist Seilspringen. Wieder werden Passanten gebeten teilzunehmen, wer den Rekord bricht erhält ein Bier. Verschiedenste mehr oder weniger besoffene Menschen versuchen sich. Danach wird gepackt, der Plan ist noch in der Nacht zu fahren um die morgendlichen Staus zu vermeiden.
At The Gates ist unglaublich. Die Band die es sei 1995 nicht mehr gibt rockt dennoch maßlos.  Eine Stunde gigantischer Circle- und Moshpitts später bin ich komplett durchgeschwitzt. Zum Abschluss des Festivals schaue ich mir dann noch Nightwish an. Noch nie konnte ich wirklich was mit dieser Band Anfangen, und der Auftritt bestätigt mich in dieser Meinung.
Nach dem Auftritt geht es in die Autos. Auf den Abschlussauftritt von Lordi verzichten wir gerne.

Und das war das Wacken Open Air 2008. Anstrengend, heiß, laut, alles was man sich erhoffen konnte.