Sonntag, 2. März 2008

Als das Fernsehen aus dem Fernseher kletterte

Youtube.com und co. werden immer als Beispiele genommen, dafür, dass Fernsehen nicht mehr im Fernseher geschieht, dass jeder sich sein eigenes Program zusammenstellt, und zu einem Grad ist dies sicher richtig, aber Fakt ist, die Qualität der für Youtube und ähnliche Formate produzierten Videos ist mit der, die im Fernsehen gefunden wird nur selten zu vergleichen. Die Ideen sind vorhanden, vieles auf Youtube ist genial, aber die Production Value ist meist einfach nicht das, was eine Fernsehproduktion hätte, das liegt schlicht und einfach am Geld und an der Zeit.
Doch es gibt viel bessere, viel passendere Beispiele dafür, dass Jeder Fernsehen machen kann, das jeder es sich ansehen kann wann er will, und das heute viel mehr um eine Serie herum geschieht. Das alte Model, in welchem der Zuschauer zuhause saß und sich mit neuen Folgen füttern ließ wann immer sie über den Bildschirm flatterten stirbt, und einige Showrunner traditioneller Shows tun ihr bestes auf diese neuen Konsumwege einzugehen. J.J. Abrams „Lost“ veröffentlicht zwischen den Staffeln im Internet kurze Filme und erstellt Websites für Fiktive Firmen, an denen sich Fans erfreuen können, und die dem Zuschauer kleine Tipps geben. Auch die SciFi Serie „Battlestar Galactica“ ließ sogenannte Webisotes, wenige Minuten lange Episoden, die zusammen eine Handlung ergeben und im Internet angesehen werden können, zwischen der zweiten und dritten Staffel veröffentlichen.
Einen Schritt weiter gehen andere Serien. Sie finden komplett im Internet statt, meist auf einer eigenen Website, erscheinen (mehr oder weniger) regelmäßig neue Folgen, eine Comunity ist direkt in die Seiten eingebaut, die sich mit der Show und verwanden Themen beschäftigt. Die Professionalität dieser Sendungen ist unterschiedlich, auch der Ton und die Absichten der Produzenten. Ein Unterschied ebenen, der die Stärke des Internets ausmacht. Jeder kann sich versuchen.
Das beginnt bei Fans der alten „Star Trek“ Serie, die seit Jahren in mühsamer Kleinarbeit neue Episoden drehen. Das begann noch relativ simpel, und während der Pilotfilm ihrer Serie „Star Trek – New Voayges“ für eine Produktion von Fans sicherlich Maßstäbe setzte, so war sie gemessen an professionellen Material eher lächerlich. Inzwischen heißt „New Voyages“ „Star Trek – Phase II“ die Autoren und Schauspieler sind professioneller, viele der alten Helden, darunter George Takai und Walter Konig haben ihre alten Rollen wieder aufgegriffen, um in einer Folge dabei zu sein. „Star Trek- Phase II“ ist manchmal besser, als es die Serie in den 60ern war.
Doch während diese Serie völlig unkommerziell bleibt, um Titel wie „Star Trek“ überhaupt benutzen zu dürfen, so gibt es auch gewinnorientierte Produktionen um Netz, die sich der Zuschauer (weitgehend) umsonst ansehen kann. Die zwei relevantesten wohl „Quarterlife“ und „Sactuary“. Zwei Serien wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten, und dennoch gemeinsam Vorläufer eines Trends, der sich in den nächsten Jahren sicherlich erheblich verstärken wird.
Die Episoden der Serien erscheinen regelmäßiger als bei „Phase II“, was auch damit zu tun hat, dass ein bezahltes professionelles Team hinter den Produktionen steht. Die Episoden sind recht kurz, aber länger als die üblichen Video-Schnipsel die man bei Youtube findet. Zwischen zehn und zwanzig Minuten scheint sich zu etablieren. „Quarterlife“- Sendungen kann man im Internet kostenfrei angesehen, allerding gibt es bei „Sactuary“ nur die Möglichkeit jede Folge für weniger Dollar in HD-Quallität oder normalen Video Format herunterzuladen.
Was die beiden Serien so unterscheidet ist ihr Inhalt. „Quaterlife“ ist die klassische Soap. Mittzwanziger leben gemeinsam, verfolgen ihren Traum, verlieben sich, trennen sich. Das ganze eingespannt in den Videoblog der Hauptfigur. Das Ganze ist hoch professionell aufgezogen und bietet abgesehen vom Vertriebsweg wenig Neues. Dennoch, „Quaterlife“ ist absolut unterhaltsam, und vertritt ein Genre, das in den Neunzigern mit „Dawsons Creek“ oder „My So-Called Life“ seine Blüte fand, und heute im Fernsehen nicht mehr so prominent ist. Die Produzenten der Serie bringen reichlich Erfahrung mit, Marshall Herskovitz und Edward Zwick waren für Serien wie „thirtysomething“ oder das oben genannte „My So-Called Life“ verantwortlich. Allerdings muss die Produktion derzeit um eine zweite Staffel Bangen, das Finanzierungskonzept ist wohl weniger ausgefeilt als es schien.
„Sactuary“ ist eine klassische Sci-Fi, Mystery Serie über Parallelwelten. So ziemlich jeder Verantwortliche kommt von Stargate, und auch die Idee zur Serie (Sowie das Drehbuch für die ersten Folgen) stammt von Damien Kindler, der zum festen „Stargate: SG1“ und „Stargate: Atlantis“ Team gehörte. Die Hauptrolle der Serie spielt Amanda Tapping, wohl am besten bekannt durch ihre Rolle als Sam Carter in „Stargate SG1“. Wie auch „Quarterlife“ bietet die Website www.sactuaryforall.com reichlich Comunity, ein Comic zur Serie und sogar ein Rollenspiel in welchem die Nutzer in das Universum der Serie eintauchen können. Dadurch, dass die Episoden nicht kostenfrei erhältlich sind, ist die Popularität der Serie aber deutlich geringer.
Dies sind nur einige wenige Beispiele und zahllose mehr beginnen Woche für Woche im Internet ihre Existenz. Viele von ihnen halten lediglich für eine Folge, viele werden an der Finanzierung scheitern, doch eines ist klar, hier beginnt etwas, und wer jetzt nicht dabei ist, verpasst vielleicht einen großen Schritt in der Entwicklung serialisierter Unterhaltung.

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